
Icon spell
Icon spell
Mit «Icon spell» hat Juli Gudehus ein Projekt ins Leben gerufen, das eine universelle, visuelle Sprache erforscht. Es verbindet traditionelle Zeichen mit zeitgenössischen Symbolen wie Piktogrammen, Logos und Icons, um über Kultur- und Sprachgrenzen hinweg zu kommunizieren. Das von ihr initiierte Projekt setzt auf Schwarmintelligenz und kreative Zusammenarbeit, um ein gemeinsames visuelles Vokabular zu entwickeln. In Workshops, Ausstellungen und internationalen Kooperationen bringt «Icon spell» Menschen zusammen, um Begriffe in Zeichen zu übersetzen und Verständigung zu fördern.
Mehr über dieses inspirierende Projekt findet ihr auf der Website von Juli Gudehus.
Nach einem intensiven Crashkurs mit Juli im Rahmen des Icon Spell-Kurses an der ecosign/Akademie für Gestaltung reisten wir mit neun Teilnehmer*innen aus dem Kurs nach Brüssel. Dort gestalteten wir gemeinsam den allerersten Icon Spell-Workshop beim New European Bauhaus Festival im Musée Art et Histoire.
Menschen aus 26 Ländern, verschiedensten Altersgruppen und Berufen kamen zusammen, um Begriffe und Sätze in visuelle Symbole zu übersetzen. Lebhafte Gespräche und kreativer Austausch prägten die Atmosphäre und jede gesprochene – oder auch nur aufgezeichnete – Sprache brachte uns dem gemeinsamen Ziel näher: einen Ausdruck zu schaffen, der verstanden wird, der verbindet und Kommunikation möglich macht. Es war ein inspirierender Einblick in die universelle Kraft der Zeichen!
WAS IST ICON SPELL & WAS MACHEN WIR?
Für meine Texte nutze ich bevorzugt frei verfügbare Zeichen, die bereits existieren. Meine Sprache richtet sich dabei vor allem an die Digital Natives: Ich habe Zeichen, Icons und Symbole verwendet, die frei über Google zugänglich sind und häufig in User Interfaces zum Einsatz kommen. Bildschirmnutzer*innen werden viele dieser Zeichen wiedererkennen – ihre ursprünglich vorgesehene Bedeutung dient als Schlüssel zum Verständnis meiner Botschaft.
Mein Blick auf Sprache und Zeichen
Mit Russisch und Deutsch als Muttersprachen habe ich früh gelernt, Sprache aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten. Die Unterschiede dieser beiden Sprachsysteme prägen mein Verständnis von Kommunikation bis heute: Russisch kennt keine Artikel, hat mehr Fälle, ein anderes Alphabet und Begriffe, die es im Deutschen nicht gibt – und umgekehrt. Obwohl die Leserichtung in beiden Sprachen gleich bleibt, unterscheiden sich Satzbau und Ausdrucksweise deutlich.
Beim Übersetzen zwischen den beiden Sprachen fiel mir immer wieder auf, dass die Reihenfolge der Worte oft zweitrangig für das Verständnis ist. Dieses Spiel mit Satzbausteinen hat meine Herangehensweise an Zeichen und visuelle Sprachen beeinflusst. In meinen Übersetzungen von Texten in Zeichen zeigt sich daher eine Tendenz, nicht streng linear von links nach rechts zu lesen, sondern auch von der Mitte nach außen oder umgekehrt. Dennoch ist mein Auge geschult, von oben nach unten und von links nach rechts zu schauen – ein Einfluss, der tief in meiner Wahrnehmung verankert ist.
Das Bewusstsein, dass andere Kulturen wiederum völlig andere Denk- und Leserichtungen haben, macht dieses Projekt für mich umso spannender und inklusiver. Gleichzeitig erkenne ich, dass eurozentristisches Denken in vielen Aspekten unausweichlich mitschwingt. Um diese Perspektive zu erweitern, halte ich es für essenziell, mit Menschen aus verschiedenen Kulturen zusammenzuarbeiten, ihre Zeichenwelten zu erkunden und gemeinsam nach einer universellen visuellen Sprache zu suchen. So kann ein Verständnis entstehen, das nicht nur sprachliche Grenzen überwindet, sondern auch unterschiedliche Logiken miteinander verbindet.
Inspiriert von meinem Wissen über das kyrillische Alphabet habe ich Buchstaben als Ausgangspunkt für die Gestaltung von Icons genutzt – sowohl für Tiere als auch für Stadtelemente. Im Mittelpunkt steht dabei die Forschung: Welche Merkmale sind notwendig, damit etwas erkannt wird? Und wie spezifisch muss ein Icon gestaltet sein, um seine Bedeutung klar zu vermitteln?